Nachruf auf Prof. Dr.-Ing. Günther Uhlig
Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), die Bereichsleitung des Bereich 4, die KIT-Fakultät für Architektur und das Institut für Entwerfen von Stadt und Landschaft (IESL) trauern um Professor Dr. Dipl.-Ing. Günther Uhlig der am 19. November 2021 im Alter von 84 Jahren verstorben ist.
Günther Uhlig war einer der führenden intellektuellen Köpfe der Fakultät in den 1980er und 1990er Jahren. Als Nachfolger von Karl Selg, dem Planer und Erbauer der Waldstadt, gab er dem Lehrstuhl Wohnungsbau und Siedlungswesen (1984-2003) ein theoretisch orientiertes Profil. Es ging in dieser Zeit nicht mehr darum möglichst schnell viel Wohnraum zu schaffen, sondern um die Herausforderung den Wohnungsbau wieder als integratives Element der Stadtentwicklung zu verstehen. Er hat insbesondere in Berlin als Berater des Senators für Bau- und Wohnungswesen im Jahr 1983 für die IBA Berlin an dem Leitbild der kritischen Rekonstruktion mitgearbeitet und diese „neuen Ideen“ in die Forschung und Lehre in Karlsruhe implementiert.
Schon in seiner Promotion im Jahr 1977 und während seiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der RWTH in Aachen hat er sich mit dem Genossenschaftswohnungsbau der 1920er Jahre intensiv beschäftigt und in vielen Publikationen insbesondere die gesellschaftliche Bedeutung der gemeinschaftlichen Wohnformen thematisiert. Als Mitherausgeber der Zeitschrift ARCH+ war er eine wichtige Stimme im nationalen und internationalen Diskurs und konnte auf beeindruckende Art und Weise immer wieder neue und wichtige Impulse setzten.
In der Fakultät ist seine sehr menschliche und souveräne Erscheinung nach wie vor in sehr guter Erinnerung. Seine Lehrstuhltür war immer offen und er ermöglichte seinen Studierenden immer einen Zugang zu seinem beinahe unendlichen Bücherschatz. Seine Lehrstuhlbibliothek war legendär und wurde immer auch für intensive und unkonventionelle Diskussionen bis tief in die Nacht genutzt. In diesem Klima entstanden herausragende Forschungsarbeiten, Veröffentlichungen und Dissertationen und viele seiner Mitarbeiter*innen begannen dort ihre sehr erfolgreichen akademischen Karrieren.
Als Dekan der Fakultät baute er vor allem Brücken zwischen den konstruktiv geprägten Lehrstühlen der Karlsruhe Schule und dem Institut für Orts- Regional- und Landesplanung (ORL) und war als Vorsitzender des Deutschen Werkbundes Baden-Württemberg auch in der Region und der Stadt Karlsruhe eine wichtige Persönlichkeit in der fachlichen Debatte dieser Zeit.
Diese verbindende und integrierende Fähigkeit setze er später auch als Berater der Europäischen Kommission und als Beauftragter der Fakultät für den Austausch mit der Universität Kristen in Jakarta wirkungsvoll ein und setzte auch hier wichtige Impulse im internationalen Diskurs.
Seine Themen erleben gerade eine erstaunliche Renaissance. Das gemeinschaftliche Wohnen ist das zentrale Thema der Internationalen Bauausstellung 2027 in Stuttgart
und der Wohnungsbau als Teil der Stadtentwicklung ist ohne Zweifel eine der wichtigsten gesellschaftlichen Zukunftsfragen.
Unser Mitgefühl gilt seiner Familie und wir werden ihn aber als Mensch und guten Kollegen in Erinnerung halten.